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War das Wetter früher nicht besser? Überlegungen zum Wettergedächtnis

aktuell, 29.03.2014

'Früher war alles besser'. Auch das Wetter war besser. Natürlich!
Leider kann man es nicht mehr nachprüfen, aber wahrscheinlich hat die Menschheit fast zu allen Zeiten gerne zurückgeschaut und die Wettervergangenheit (v)erklärt.

Der Glaube an frühere, bessere, Zeiten hängt eng mit der menschlichen Entwicklung zusammen. Mit zunehmendem Alter rückt die süße Jugend- und Kindheitszeit Stück für Stück in größere Entfernung und damit auch die korrekte Erinnerung an diese Zeit.

Das Wetter beeinflusst unsere Gefühle an vielen Tagen ganz erheblich. Je nach Wetter kann ein ganzer Urlaub, ein Geburtstag oder auch ein ganz gewöhnlicher Tag zu etwas Besonderem werden. Allerdings nur unter einer Bedingung: Es muss etwas Außergewöhnliches an diesem Tag neben dem Wetter passieren. Nicht unbedingt etwas positives, aber etwas, was mit Emotionen verbunden ist. Dieses Ereignis brennt sich als Spur in unser Gehirn ein und wird für lange Zeit abgespeichert. Das Wetter, welches das Ereignis begleitete wird mit abgespeichert. Selten hinterlässt auch das Wetter an sich Spuren in unserem Gehirn. Dies passiert dann, wenn das Wettergeschehen mit großen persönlichen Eindrücken verbunden ist, wie z.B. bei einem schweren Unwetter.

Das Gehirn erinnert sich an das vergangene Wetter nur in diesen besonderen Fällen. Es wäre auch ungünstig, wenn Sie das Wetter der letzten acht Wochen, Tag für Tag, präzise wiedergeben könnten. Es ist ähnlich, wie mit den wenigen Menschen, die ein photographisches Gedächtnis besitzen. Diese können zwar Gesichter genau abspeichern, dafür fehlen dann aber andere kognitive Fähigkeiten, so dass diese Menschen im täglichen Leben stark behindert sind. Unser Gehirn ist also so konstruiert, dass es nur das zum Abruf hinterlegt, welches eine Bedeutung haben könnte. Das 'normale' Wetter an einer Vielzahl von Tagen wird ignoriert und geht im großen Speicher unter.

Das menschliche Gedächtnis ist daher als Wetterstation nicht zu gebrauchen. Wir merken uns nur die extremen Ereignisse aus einer subjektiven emotionalen persönlichen Sichtweise heraus. Hinzu kommt noch dass jeder das Wetter anders subjektiv bewertet. Was für den einen warm ist, ist für den anderen schon heiß. Sie können die Behauptungen sehr schnell überprüfen: Schreiben Sie mal zusammen mit einem Freund, jeder für sich, aus dem Gedächtnis Ihre Erinnerung an die letzten zehn Sommerjahre auf. Sie werden mit höchster Wahrscheinlichkeit große Unterschiede bei der Einschätzung des Sommerwetters zwischen verschiedenen Personen feststellen. Zudem treten Erinnerungslücken auf.

Aus diesem Grund helfen bei der Beurteilung des Wettergeschehens von heute, im Vergleich zur Vergangenheit, nur objektive Aufzeichnungen von Wetterfachleuten, die vergleichbar Wolken, Regenmenge und Temperaturen aufzeichnen. Nur dann ist eine Bewertung, die dann auch wieder in subjektiven Größen, wie 'zu kalt', 'unfreundlich' umformuliert werden kann, sinnvoll.

Ganz problematisch werden 'Klimaerinnerungen' von über dreißig/vierzig Jahren oder mehr. Das menschliche Gedächtnis speichert seine Erinnerungen nicht digital ab, sondern die Erinnerung an alle Ereignisse muss immer wieder neu konstruiert werden und daher stellt sich immer die Frage inwieweit die Wettererinnerung nicht neu verändert ist.

Fazit: Der Mensch eignet sich nicht als Thermometer und platte Parolen, wie 'früher war das Wetter immer besser', sind kaum sinnvoll. Das Wetter wechselt von Tag zu Tag. Daraus ergibt sich ein langfristiges Klima, welches sich ebenfalls mehr oder weniger wandelt. Spürbar wird dies nur mit objektiven Messungen. Menschen erfassen wandelnde Klimabedingungen äußerst selten richtig.
  Karsten Brandt
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