Gartentipps, 07.12.2015
Warum pflegen wir unseren Rasen mehr als uns selbst?
Nicht nur in England oder in Amerika sondern auch bei uns in Deutschland gilt ein gepflegter Rasen als das Nonplusultra bei Gärtnern.
Wer seinen Rasen nicht in Schuss hält, gerät rasch in Generalverdacht, Recht und Ordnung abzulehnen, vielleicht sogar ein "Schmuddeliger" zu sein.
Die Verwahrlosung des Rasens ist für viele Menschen schlimmer als ein verwahrlostes äußeres Erscheinungsbild.
Der gepflegte Rasen entspricht eher dem Savannenbild Afrikas, während in Nordamerika und Europa Wälder vorherrschen. Vielleicht, so vermutet es der amerikanische Freigärtner Michael Pollan in seinem Buch "Meine zweite Natur", liegt der Trieb zur Rasenpflege in unseren afrikanischen Genen.
Auf jeden Fall zeigt die Beherrschung des Rasens, dass wir die Natur im Griff haben möchten; auch wenn wir uns nicht, anders als in Afrika, vor wilden Tieren schützen müssen.
Die Amerikaner geben für den perfekten Rasen (inkl. Bewässerung, Gärtner, Energie, Dünger etc.) jährlich bis zu 50 Milliarden Dollar aus.
In Deutschland, so stelle der BUND fest, nimmt der englische Rasen seit den 1950er-Jahren einen besonders hohen Stellenwert ein - denn mit ihm fällt man gegenüber seinen Nachbarn nicht auf.
Bis zu zwanzig Mal im Jahr entfernen wir Unkraut und Moos. Zudem düngen, lüften und mähen wir unsere Rasen immer wieder aufs Neue, damit die Halme bloß nicht höher als 2-3 cm wachsen oder der Rasen womöglich noch zur Wiese mutiert.
Pro Quadratmeter Fläche lässt sich der Deutsche seinen Rasen so jährlich mindestens einen Euro kosten. Klingt zunächst nach nicht viel, hochgerechnet kommen aber auch wir, ganz nach amerikanischem Vorbild, auf einige Milliarden Euro, die die "Rasenpflege-Industrie" an uns verdient.
Aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht wäre es ohne Frage besser, wenn nur stark genutzte Flächen regelmäßig abgemäht würden. Alle anderen sollten ab Ende Juni höchstens zwei Schnitte im Jahr erhalten.
So verkommt der einst so akkurate Rasen zwar zur chaotischen Wiese, aber vielleicht würden sich dann diejenigen negativ aus der Masse hervorheben, die jeden Samstag ihr Grün mit der Nagelschere bearbeiten.
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