Klima, 06.09.2018
Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt redete schon vor 40 Jahren im Brandt-Report von einer „verstärkten Umweltverschmutzung“ und einem „Gerangel um Ressourcen und Energiequellen“ im 21. Jahrhundert
„Wenn die [...] Trends sich fortsetzen, wird die Welt im Jahr 2000 unter der Last einer weit größeren Bevölkerung stehen und unter einer gefährlich verstärkten Umweltverschmutzung. Trotz steigender Güterproduktion werden die Völker in vieler Hinsicht ärmer sein. Und für die meisten Menschen dieser Erde werden die Lebensumstände um die Jahrtausendwende noch sehr viel ungewisser und ungesicherter sein als heute (...)“, mit diesen Worten leitete der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt 1980 den ersten Kommissionsbericht mit dem Titel „Das Überleben sichern“ der *Nord-Süd-Kommission ein.
Wenn man heute diese Worte liest, könnte man es „hellsichtig“ nennen. Doch die traurige Wahrheit ist, dass sich in den letzten 40 Jahren einfach nur wenig verändert hat. All das, was Willy Brandt damals prophezeit hat, ist nun - etwa 40 Jahre später - tatsächlich eingetreten. Auch wenn er noch nichts von Digitalisierung und Klimawandel gewusst hat, wusste er dennoch um die Krise, in der wir heute stecken.
Brandt sprach von globaler Verantwortung, von einer neuen „Weltzivilisation“
Willy Brandt setzte sich als Leiter der Nord-Süd-Kommission seit 1977 verstärkt für die Bekämpfung von Hunger, Armut und Ungleichheit in der Welt ein. Er schloss dabei alle ökologischen, ökonomischen und sozialen Themen ein und verstand wie diese miteinander zusammenhingen. Unter anderem forderte er mehr Geld in die Entwicklung statt in die Rüstung zu stecken. Schon damals war ihm bewusst, dass sich etwas verändern muss, damit wir nicht auf eine Katastrophe zusteuern. Das Traurige: Die gewünschte Veränderung ist nie eingetreten und stattdessen sind neue Probleme - wie der Klimawandel - hinzugekommen. Trotz des internationalen Beifalls für die visionären Vorschläge der Nord-Süd-Kommission bleibt der Brandt-Bericht bis heute fast gänzlich unverwirklicht.
Damals wie heute
Wenn man den Kommissionsbericht durchblättert, wird man das Gefühl nicht los, dass das Buch auch erst vor wenigen Tagen geschrieben sein könnte, denn die Themen von damals und heute haben sich nicht verändert: Hunger, Bevölkerungsexplosion, Unterentwicklung und Armut in den meisten Regionen der Erde und Überentwicklung und Überfluss in einigen wenigen; das Gefälle zwischen Nord und Süd, das Gerangel um Ressourcen und Energiequellen und so weiter.
Es kann heute mit den Möglichkeiten weltweiter Vernetzung nicht schwerer sein, groß zu denken. Und trotzdem zeigt dieses Beispiel: Allein das Denken hilft uns nicht weiter – es muss ein Handeln folgen. Denn wie Brandt bereits vor 40 Jahren wusste:
„Die Herausforderungen kommender Jahrzehnte werden nicht durch ein gegnerisches System von Gewinnern und Verlierern bewältigt werden – Nord gegen Süd und Ost gegen West, sondern nur durch eines, das sich auf allumfassende menschliche Solidarität und internationale Zusammenarbeit gründet.“
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* Der „Nord-Süd-Kommission“ oder „Brandt-Kommission“ gehörten insgesamt 21 namhafte Politiker und Experten aus acht Industrie- und elf Entwicklungsländern an. Sie hatten im Auftrag der UN zwei Jahre lang darüber nachgedacht, wie die Menschheit zu retten sei.
Sarah Bertram Team-Info Team-Kontakt |