aktuell, 28.02.2025
Darf man eine Erkrankung nicht mehr kommunizieren?
Darf man eine Erkrankung nicht mehr kommunizieren?
Es ist kaum zu glauben, was sich in den vergangenen Tagen nach dem Post eines positiven Influenza-Selbsttests auf der Plattform LinkedIn abspielte.
Der Hintergrund: Eine Grippewelle rollt aktuell mit hohen Fallzahlen über Deutschland hinweg, auch wir haben auf donnerwetter.de mehrfach berichtet und über unser Grippewetter unter anderem Prognosen über den weiteren Verlauf der Welle erstellt.
In der letzten und dieser Woche traf es dann auch einige unserer Mitarbeiter – in Form einer zunächst per Selbsttest und später auch ärztlich nachgewiesenen Influenza-Typ-B-Infektion.
Soweit eigentlich nichts Ungewöhnliches – sollte man zumindest meinen. Denn das unverfängliche Posting einer (positiven) Influenza-Testkassette brachte auf LinkedIn zwar auch den ein oder anderen positiven und bestärkenden Kommentar (an dieser Stelle nochmals vielen Dank für die Genesungswünsche), bei vielen anderen aber wohl eher das Blut zum Kochen. Um es deutlich zu sagen: Bei der Mehrheit der Kommentatorinnen und Kommentatoren blieb einem am Ende nicht viel mehr übrig, als erhebliche Zweifel an der Intelligenz der Menschheit zu hegen – so bezeichnete etwa einer der Kommentatoren die Grippe (ca. 20.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr) als „erfundenes Virus“. Ein Großteil der "Gesundheitsexperten" zweifelte zudem an der Genauigkeit von Selbsttests; dabei fiel es ihnen gleichzeitig aber schwer, zwischen einer Grippe und einem grippalen Infekt zu unterscheiden.
Ein paar weitere „Sahnestücke“ von der Kommentar-Resterampe wollen wir Euch an dieser Stelle nicht vorenthalten.
Bereits in Vergangenheit fiel auf, dass sich durch Beitragsinhalte, die etwa Themen wie Impfungen oder Selbsttests behandeln, stets die selben Personen- und „Berufsgruppen“ getriggert fühlen: Von Impfgegnern über Experten für Naturheilkunde, Bewusstseinsforschern und "Fachkräften" für körperliche Selbstheilung bis hin zu Berufsschamanen lässt sich in den Kommentarspalte nahezu alles aus, was das Alternative-Fakten-Deutschland zu bieten hat.
Es sind die „Man-muss-nur-richtig-recherchieren-Menschen“, die nach außen hin gerne Freiheit und die eigene Selbstbestimmung als wichtigstes Gut propagieren. Das aber nur so lange, bis das Weltbild des Anderen mit dem eigenen unkompatibel wird.
Es lässt sich kaum von der Hand weisen, so liest es sich auch in den Kommentaren des aktuellen Falls, dass die Corona-Pandemie tiefe Krater der Verunsicherung in den Köpfen mancher hinterlassen bzw. sie noch weiter vertieft hat. Als würden schlecht verheilte Corona-Wunden durch Impfposts wieder aufgerissen.
Dabei stellt sich gar nicht die die Frage, ob es während und auch nach der Pandemie Fehler und Versäumnisse gab. Die gab es zu genüge; mal mit mehr, mal mit minder schweren Folgen für den oder die Einzelne. Doch gibt einem das das Recht, seine Weltanschauung ungefragt und mit aller Vehemenz durchsetzen zu wollen? Und Andersdenkende als dumm und naiv darstellen zu wollen, obwohl man überhaupt keine Qualifikation besitzt, eine solche Wertung vorzunehmen?
Im Zweifel hilft auch hier eine der wichtigsten Regeln für den Online- und Social-Media-Gebrauch: Weiterscrollen und leben lassen.
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