Konsum jetzt!

aktuell, 13.11.2024

Gesellschaftlicher Wandel und die Parallelen zu einem 'süßen' Experiment aus den 1960er-Jahren.

Leben und Wohlstand sind endlich, warum sollten wir darum nicht zu Lebzeiten nochmal richtig in die Vollen gehen, ohne an die Zukunft zu denken?  Könnt Ihr diesen Satz für Euch bestätigen?

Wenn ja, seid Ihr nicht alleine. Der Nach-mir-die-Sinnflut-Gedanke etabliert sich in unserer Gesellschaft zunehmend. Das widerum spiegelt sich unter anderem auch in der schwindenden Beliebtheit sozial- und umweltpolitischer Programme und Visionen wieder.

Mit Slogans wie "Unser Land zuerst!" sympathisieren die Menschen mittlerweile nicht nur jenseits des großen Teichs. Auch in Deutschland möchte man immer weniger "jetzt säen und in (unbestimmter) Zukunft ernten" - etwa bei den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Wer gegenwärtig für den langfristigen Erhalt unserer Umwelt und den Klimaschutz eintritt und zu investieren bereit ist, der scheint es sich auch leisten zu können. Mit dem propagierten "Leben im Jetzt" werden zwar auch Teile der breiten gesellschaftlichen Mitte erreicht, viele der Anhänger sind (oder sehen sich) aber auch als sozioökonomisch benachteiligt.

Dabei wird und wurde der sofortige Konsum seit vielen Jahren belohnt und sogar befürwortet. Es ist eine Ausprägung eines besonders steilen Kapitalismus. Auf staatlicher Ebene ist es die extreme Schuldenpolitik, die die Lasten auf Morgen verschiebt, auf privater Ebene das kreditfinanzierte Konsumieren.

Preise für externe Güter wie Luft, Wasser und Boden stören, da sie einen Teil des Konsums nach Morgen verlagern könnten.

Gesellschaftlicher Wandel und die Parallelen zum Marshmallow-Experiment

Ein wenig erinnert das gesellschaftliche Umdenken an das Marshmallow-Experiment aus den späten 1960er-Jahren. Das psychologische Experiment, durchgeführt von Walter Mischel an der Stanford University, untersuchte damals die Fähigkeit von Kindern zur Selbstkontrolle und die möglichen Auswirkungen auf ihr späteres Leben.

Das Experiment lief wie folgt ab: Die Vorschulkinder wurden einzeln in einen Raum gesetzt und erhielten ein Marshmallow oder eine andere Süßigkeit. Sie hatten die Wahl: Entweder konnten sie den Marshmallow sofort essen und es dabei belassen; alternativ konnten sie aber auch auf den Versuchsleiter warten und die Süßigkeit bis dahin unberührt lassen. Nach etwa 15 Minuten wurde ihnen dann als Belohnung ein zweiter Marshmallow überreicht.

Einige Kinder konnten der süßen Versuchung nicht widerstehen, andere strichen am Ende die Belohnung ein.

Später sollte sich zeigen: Die "wartenden" Kinder, also die mit einer ausgeprägteren Fähigkeit zur Selbstkontrolle, zeigten im späteren Leben statistisch bessere Ergebnisse in Bereichen wie Schulleistungen, Umgang mit Stress und sozialen Fähigkeiten.

Mischel interpretierte dies als Hinweis darauf, dass die Fähigkeit zur Selbstkontrolle (Belohnungsaufschub) einen positiven Einfluss auf den Lebensweg haben könnte.

Spätere Studien kamen zwar zu Ergebnissen, dass neben der persönlichen Willenskraft auch noch andere Faktoren, etwa der sozioökonomische Hintergrund und das Vertrauen in die Belohnung, die Fähigkeit zur Selbstkontrolle prägen. Kinder aus weniger privilegierten Verhältnissen sind möglicherweise weniger geneigt zu warten, da sie das Gefühl haben, dass Belohnungen unsicher sind.

Insgesamt war das Marshmallow-Experiment ein Vorreiterexperiment in der Psychologie, welches sich bis heute auf wichtige Diskussionen zu den Themen Selbstkontrolle, Willenskraft und die Rolle der Umweltfaktoren beziehen lässt.

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