Spezial, 08.09.2013
Wie gut sind wir Menschen eigentlich als Wetterstation? Haben wir überhaupt ein Wetter-Gedächtnis?
Wie war das Wetter vor einer Woche? Vor einem Monat oder einem Jahr? Viele werden jetzt antworten „An meinem Geburtstag schien die Sonne“ oder „Der Urlaub war verregnet“ oder „Ostern hat es geschneit!“ Sie werden aber nur noch eine Erinnerung daran haben, wenn dieser Tag für Sie besonders wichtig war, besonders toll verlief oder ein lange geplanter Ausflug abgesagt werden musste. Wir haben nur eine Erinnerung an das Wetter, wenn es mit Emotionen oder Bildern verknüpft ist. Alles andere filtert das Gehirn als unwichtig heraus und speichert es gar nicht erst ab. Temperaturen, Sonnenscheindauern, Niederschlagsmengen usw. landen nicht im Langzeitgedächtnis.
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Wenn man versucht, sich an das Wetter während der Kindheit zu erinnern, dann werden sicherlich die Bilder von einem starken Gewitter während eines Ausflugs erscheinen. Oder die Tage am Strand des Baggersees. Die Schlacht mit dem Wasserschlauch im Garten der Oma. Eben die Erinnerungen an die besonderen Tage. Die vielen langweiligen Tage, die wie so viele andere waren, an denen man zum Beispiel im Kinderzimmer blieb weil es draußen regnete, tauchen kaum auf - oder sehr viel blasser.
Um es kurz zu sagen: Auch wenn man alle Wetterdaten der Wetterstationen vorwärts und rückwärts durchforstet kommt man doch immer wieder zu einem Ergebnis: Heute wie vor 20, 30, 40, 50 Jahren gab es immer wieder sehr wechselhaftes Sommerwetter und immer mal wieder auch sehr sonnige, heiße Tage Phasen. 'DIE' große Veränderung, dass früher alles anders war, gibt es nicht.
Ein anderes Beispiel: Wie war das Wetter im Sommer des WM-Sommermärchens? Der Sommer 2006, als die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland stattfand? Die meisten werden Erinnerungen an Bilderbuch-Sommerwetter und Hitze haben. Bilder vom Public Viewing unter blauem Himmel, Bratwürstchen auf der Terrasse zum Fußball-Gucken. Der Sommer 2006 war also ein absoluter Hit! War er das wirklich? Nach der Fußball-WM verlief der Sommer eher wechselhaft. Doch das wird von unserem Gehirn nicht abgespeichert - im Gedächtnis bleibt das WM-Sommermärchen, obwohl das nur die vier Wochen vom Anfang des Sommers waren.
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Und: Unser Wetter-Gedächtnis verdrängt auch schnell. Zum Beispiel konnte man 2008 nach Ostern im Rheinland Überschriften lesen wie „Die Folgen des langen Winters für die Feldbestellung“. Dabei waren in diesem Jahr die Monate Januar, Februar und auch die erste März-Hälfte in der Region ausgesprochen mild ausgefallen. Einige montierten sogar schon die Winterreifen ab. Der kräftige Wintereinbruch zu Ostern hatte dann aber offenbar großen Eindruck gemacht, denn plötzlich war es ein „langer Winter“. Das Wettergedächtnis ist offenbar auch noch ein Ultra-Kurzzeit-Speicher.
Michael Klein Team-Info Team-Kontakt |